Wie schreibt man richtig?

Ja, bei dieser Frage sehe ich förmlich die Fragezeichen in den Augen der Leser! Blöde Frage, denn mit den Fingern schreiben wohl die Meisten von uns, immer mehr tippen auf einer Tastatur herum, andere wiederum nutzen ein Schreibutensil zum Halten in der Hand, um ihre Hieroglyphen aufs Papier zu bringen. Nun ja, die Frage des WIE zielt weniger auf die Hardware, mehr auf die Software, sprich: 

Was macht einen geschriebenen Text zu einem guten Text? Wann liest der Leser das Werk geistiger Ergüsse gerne und entspannt?

Warum ich mir das anmaße, beurteilen zu können? Ich betrachte den Duden zumindest als Freund, scheue mich nicht, immer wieder dazuzulernen und als ausgebildete Journalistin musste ich im Studium, vor allem aber in der täglichen Praxis reichlich Kritik einstecken. Aus dieser lerne ich bis heute, wie es geht oder auch nicht. Mehr oder minder liebenswerte Kollegen und Weisungsbefugte üben dann eine mehr oder minder knallharte Kritik an dem, was ich so verzapfe und diese Erfahrung versuche ich mal zusammenzufassen, in meinem acht persönlichen goldenen Regeln guter Wortstifterei:

Schreib es verständlich!

Insbesondere die frisch promovierten und intellektuellen Anfänger und tiefvergeistigten Profis glauben, sie müssten erst einmal mit ihrem gesamten Wortschatz protzen. Klar ist es beeindruckend, wenn der eigene Wortschatz über dem der Norm liegt. Schließlich signalisiert das Intelligenz, Sprachgewandtheit, Weitblick, Weltmännischkeit und wasweißichnoch. Aber diese interessieren einen Leser nicht die Bohne. Kein Leser hat Bock, sich vorführen zu lassen und sich jeden Satz von einem Fremdwörterbuch übersetzen zu lassen. Und da wären wir auch gleich bei einem weiteren wichtigen Punkt:

Zielgruppenorientiert

Vor dem Schreiben stellt sich immer die Frage: Wer soll es lesen und noch wichtiger: wer soll es verstehen? Es ist auf jeden Fall ein Unterschied, ob es ein Fachartikel für die Micky Maus oder eine Comicsprechblase für das Oil & Gas Journal ist! Fachartikel dürfen anspruchsvoll geschrieben werden und sogar fachspezifische Fremdwörter enthalten, die nur für Eingeweihte bestimmt ist. Für gelernte Schreiberlinge liegt am Anfang die Herausforderung vor allem in der Tatsache, dass man sich in ein Publikum hineinversetzen muss, welches man evtl. nicht besonders gut kennt. Hier lohnt es sich, einen Testleser zu engagieren. Besonders hartgesottene, leicht masochistisch veranlagte und kritikfähige Exemplare können auch alte Hasen, den CvD (Chef vom Dienst) und Wortdrechselprofis befragen.

SPO

Urlaub? Sank Peter Ording? NEIN, verdammt! Subjekt, Prädikat, Objekt!
Ist dem aufmerksamen Leser in der ersten Zeile etwas aufgefallen? Ich habe meine eigene Regel bereits viermal gebrochen, denn ein anständiger Satz enthält ein Subjekt, ein Prädikat und ein Objekt. Sätze, die der künstlerischen Freiheit unterliegen, sind davon natürlich ausgenommen. Ich werde jetzt nicht in die Untiefen der deutschen Sprache und Grammatik abtauchen, das Vergnügen habe ich ausreichend bei den Hausaufgaben meines Sohnes! Interessierte Leser können gerne gegen ein fürstliches Honorar bei mir Nachhilfestunden ordern oder schlicht den Duden befragen. Dieses Standardwerk der deutschen Sprache enthält nicht nur die korrekte Schreibweise der Worte, sondern versucht auch auf unzähligen Seiten eine Grammatik zu erklären, die nur geringfügig einfacher ist, als die der polnischen Sprache.

Fasse dich kurz!

Ausgerechnet ich, die personifizierte schreibende Labertasche versucht eine Regel zu vermitteln, die sie selber nur mit Mühe und Not einhält … jajaja, ist in Therapie! Menschen an sich sind faule, zeitoptimierte Niedrigenergieverschwender. Wenn ich eine Information suche, will ich nicht ewig ellenlange Zeilen darüber überfliegen müssen, sondern frei nach dem Ex-Focus-Chefredakteur Helmut Markwort „Fakten, Fakten, Fakten und an den Leser denken“! Also, alles Geschriebene hier streichen und speichern: Fasse dich kurz!

Der ideale Satz hat sieben Wörter

Nichts bedaure ich mehr als die Tatsache, dass ich verpennt habe, mir zu notieren, woher diese Weisheit kommt, nicht, dass sie eine Binsenweisheit ist. Auf jeden Fall passt sie gut zu Punkt 4 und erinnert an des Lehrers nervige Ansage: Hauptsätze, Hauptsätze, Hauptsätze. Ellenlange Schachtelsätze sind kein Zeichen sprühender und strotzender Intelligenz, sondern offenbaren die eigene Unfähigkeit, sich klar auszudrücken. Da es aber höllisch anstrengend ist, jeden seiner gezauberten Sätze mit sieben Wörtern zu bauen, hat der Schreiberling die goldene Regel 6 erstellt:

Ein idealer Text enthält einen Wechsel aus kürzeren und längeren Sätzen

Wer es ansatzweise richtig schreiben möchte, wechselt die Satzlänge so geschickt, dass es der Leser nicht merkt, aber entzückt vom Lesefluss ist. Und alles dreht sich immer schön um die magische Zahl sieben: Mal fünf, mal acht, mal sieben, mal neun, mal sechs Worte und siehe da, im Durchschnitt sind es SIEBEN!

Nutze die Vielfalt der deutschen Sprache

Rund 75.000 Wörter bilden unsere aktuelle deutsche Standardsprache, die eigentlich 300.000 bis 500.000 Wörter enthalte. Fakt ist doch: Unsere Sprache ist unendlich vielfältig. Synonyme finden sich in Büchern und dem online-Woxikon, so dass es nicht notwendig wäre, sich auf so schreckliche Krücken von Wörtern wie tun, machen, kriegen beschränken muss. Habt Mut zum Spiel mit der Sprache und vor allem: spielt mir ihr! Mein Schauspiellehrer „quälte“ uns zu Beginn einer jeden Stunde mit der Ansage: Findet 20 alternative Begriffe für … Das ist ein spannendes Spiel für eine lange Autofahrt. Fangt mal mit Geld, Kartoffel, Haus und Beruf an! Aber dennoch gilt Eines dabei immer: Die deutsche Sprache ist Freeware, du kannst sie benutzen, ohne dafür zu bezahlen. Aber du darfst sie nicht verändern, wie es dir gerade passt.

No Goes

Anglizismen sind absolute no goes, unsere Language ist einfach too much vielfältig für so was

Deppenstriche weglassen

Apostroph ́s provozieren ungehaltene Gefühlsausbrüche bei apostrophobischen Kollegen, zumindest gestattet der Duden deutlich mehr dieser umstrittenen Striche, als es der gute Geschmack der Korrektoren, Lektoren und Meckerer ertragen kann … Summa summarum bedeutet das: Lass die Striche weg, wenn es auch nur irgendwie vertretbar ist.

Passivsätze

Wenn die Person oder Sache nicht genannt wird (Y wurde von X gerufen, statt X rief Y), wirken Worte sehr unpersönlich, indirekt. Solche Sätze umzustellen, verkürzt nicht nur den Text, sondern gestalten ihn auch leserlicher.

  

Substantivierungen

Wer Polizeiberichte und behördliche Mitteilungen liest, wird verblüfft sein, wie viele Worte man in einem Satz groß schreiben kann. Verben sollten Verben bleiben und Adjektive haben das Recht auf buchstabiöse (hab ich gerade erfunden!) Unversehrtheit. Außerdem liest es sich besser!

Abkürzungen

Die Fantastischen Vier schafften es, ein ganzes Lied aus Abkürzungen zu zaubern: ARD, ZDF, C & A, BRD, DDR und USA, BSE, HIV und DRK, GbR, GmbH – ihr könnt mich mal … Wer über keine SMS-Flatrate verfügt und sich auf 160 Zeichen beschränken muss, dem sei das kurzeitige Nutzen der Abkürzungen gestattet, aber die Regel sollte es sein, Worte auszuschreiben.

Umgangssprache

Gassenjargon ist ja wohl fett krass daneben, ey Alter, das geht gar nicht!

Nochmal und nochmal und nochmal

Wiederholungen sprechen dem Leser die Fähigkeit ab, es beim ersten Lesen bereits verstanden zu haben, langweilen und sind einer der Gründe, warum ein Text nicht zu Ende gelesen wird.

Nicht nein

Die doppelte Verneinung ist auf keinen Fall nicht nicht zu vermeiden!

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