Der Countdown läuft. Und viele Menschen sagen: Du bist so mutig. Aber eigentlich habe ich nur die Hosen voll. Mehr Angst als Vaterlandsliebe. Respekt vor der eigenen Courage. Ein schlechtes Gewissen, weil ich wunderbare Menschen hinter mir lasse. Jetzt schon Sehnsucht nach meinen Söhnen, meiner Familie, meinen Freunden. Nach meinem Zuhause, das ich nie so richtig als Heimat empfand. Nun aber realisiere, wie sehr es schmerzt, wenn Mieter nun diesem Haus ihr eigenes Wohnbild geben.
Tränen kullerten, als ich im Rathaus saß und in meinen Personalausweis „keine Wohnung in Deutschland“ gedruckt wurde. Ein bisschen obdachlos im eigenen Land. Der Verlust des Wahlrechts, weil ich nicht mehr im Wählerverzeichnis stehe. Lediglich die Tatsache, dass ich keine GEZ-Gebühren mehr zahlen muss, tröstet geringfügig.

Und ich könnte jetzt jammern und jammern und jammern, zugegebener auf verdammt hohem Niveau und gut gemeinte Ratschlagfragen zitieren: Hast du dir das alles wirklich gut überlegt? Wie geht es denn danach mit dir weiter? Denkst du überhaupt an deine Kinder? Aber du hast doch dann kein Zuhause mehr? Was ist denn mit deiner Rente? Hast du denn keine Angst so ganz alleine in der Ferne? Wann kommst du denn zurück? Kein Mensch, macht das doch freiwillig alleine, wir wollen doch alle lieber unsere Freuden miteinander teilen? Denkst du an deinen ökologischen Fußabdruck?
Vielen Dank auch. Ihr macht es mir wirklich leicht. Jahrzehnte fiebere ich auf diesen Traum hin und ich habe ihn ja in den letzten Monaten schon mit viel Begeisterung, aber auch mit viel Schmerz gelebt. Und für mich beschlossen, das ist noch nicht genug .
Also geht es nächste Woche zurück nach Vietnam. Dort wartet meine kleine Honda Blade namens Hummel auf mich und wir werden gemeinsam Indochina entdecken. 4-6 Monate geht es open end durch Vietnam, Kambodscha und Laos. Wenn überhaupt, dann habe ich zumindest einen groben Plan. Konkrete Planung ermöglicht ein KartenMaßstab von eins zu 900.000 auch nicht. Aber das möchte ich auch nicht.

Ich möchte weiterhin genau das erleben und entdecken, was für mich das Reisen bisher ausgemacht hat. Natürlich sind es wunderbare Landschaften und die bezaubernde Freiheit auf dem Motorrad. Vor allem aber sind es Begegnungen mit Einheimischen. Die Möglichkeit, in Homesstays nah an einer Familie zu sein. Zu sehen, wie man am anderen Ende der Welt miteinander lebt, lacht und streitet. Die Kinder in Asien gleichzeitig unendlich geliebt und erschreckend streng erzogen werden. Wie sehr sich die kleinen nach Aufmerksamkeit sehnen und wie schnell sie einfach auf meinem Schoß sitzen und ihre kleinen Ärmchen um meinen Hals schlingen. Das erfüllt mein Herz.
Ich möchte wieder mehr Zeit und Mut zum Schreiben finden. Und vielleicht eines Tages einen Ort und natürlich die Liebe meines Lebens finden, an dem ich und mit dem ich alt werden möchte und vielleicht ein bisschen gesetzter bin. Bis dahin kann ich nicht anders und gehe über meine Grenzen. Im Moment, vor allem über die Grenzen: Mut, Courage, Selbstvertrauen, Gewissensbisse. Und dann hockt ein kleiner Clown auf meiner Schulter und flüstert: Fahr doch einfach mit dem Motorrad nach Europa zurück.
Mal schauen, ob dieser Clown eines Tages lauter ruft. Bis dahin bin ich in Indochina unterwegs und wenn es jemanden nach Besuch gelüstet: Traut euch! Ich zeige euch den besten Strand, die leckerste Suppe, wir trinken Egg Coffee und tauchen ab. In Land, Natur und Kultur.
Herzlichst eure Liv
Liebe Livia, Du bist nicht allein, niemals. Unsere Gedanken begleiten Dich, unsere Liebe, unsere Bewunderung, immer! Manchmal vielleicht auch ein kleines bisschen Neid 😉
Ja, wenn es Probleme gibt, musst Du die ganz allein vor Ort lösen, aber das schaffst Du, denn Du findest auch immer den Zugang zu den Herzen der Einheimischen. Dein Blick geht niemals vom Auge zum Äußeren, sondern immer vom Herzen zum Herzen, auch zum Herzen einer Landschaft, zum Herzen eines ganzen Landes.
Du erlebst Deine Abenteuer für uns alle mit und wir sind schon gespannt auf Deine nächsten Erlebnisse. Gehe Deinen Weg, wohin immer er Dich führt – es ist Dein Weg und niemand sonst kann ihn gehen.
Und keine Angst, Du wirst hier immer ein Zuhause haben, egal, in welchem Haus 🙂
Was für herzige Worte! 1000 Dank dafür. Ich bin sehr gerührt.