Nach 12 Tagen Gejammer in Thailand war Schluss mit lustig. Auf ins Abenteuer. Und was eignet sich besser dafür als eine gepflegte Buspanne, naja, eigentlich zwei, in drei Tagen. Einmal zerlegte es die Kühlleitung irgendwo im Nirgendwo zwischen Phuket und Khao Lak. Unangenehm, denn die Klimaanlage fiel bei 35 Grad im Schatten ebenso aus und alle Passagiere standen auf dem glühenden Pflaster und warteten auf einen rappelvollen Linienbus, der dann auch noch eine zweite Busladung schlucken musste. Da einmal bekanntlich keinmal ist, erwischte ich genau 72 Stunden später den gleichen Busbegleiter und das Schicksal schlug ein 2. Mal zu. Stillstand. Angeblich was mit der Achse. Mitten im erneuten irgendwo im nirgendwo. Diesmal zwischen Khao Lak und Ranong.
Der Busbegleiter sprach von 1, 2, 3 Stunden und irgendwie vielleicht auch gar nicht, auf die Frage, wann Ersatz käme. Ich schlug mit dem Kopf auf meinen Vordersitz und fluchte. WARUM ICH? Unter Missachtung der Tatsache, dass im Bus noch locker 60 weitere Gäste waren, Kinder, Alter, ich fing mich wieder. Wie gut, dass die Mobilfunkabdeckung im gesamten Land und hinterletzten Hinterland Klassen besser ist, als in jeder deutschen Großstadt. 5G überall. Ich hatte nun reichlich Zeit, meine Flucht aus diesem Land zu planen – checkte die Flüge in die Nachbarländer, liebäugelte vor allem mit Malaysia. Irgendwann verließ ich dann endlich meinen GrummelMummelZustand und den Bus. Einschusslöcher am Heck beruhigten mich nur sekundär in der thailändischen Pampa.
Schicksal schweißt glücklicherweise Menschen zusammen und auch hier war das der Fall: Am Bus traf sich ein buntes Trüppchen aus Holland, Australien, Frankreich, Schweiz, Spanien und ein paar Deutschen in der Überzahl. Die meisten mit dem gleichen Ziel. Zunächst Ranong, dann mit dem Speedboot auf eine kleine Geheimtippinsel, nach Ko Phayam. Knapp zwei Stunden hingen wir dort wohl herum und die Zeit wurde knapp. Das letzte Boot fährt 16:30 Uhr und die Alternative Ranong war begrenzt verlockend: Eine schäbige, hektische, zwielichtige, verfallene Stadt mit sensationellem Streetfood.
Nachdem ich mich aber schon seit 12 Tagen mit sensationellem thailändischen Essen tröste, musste ein Plan B her und ich warf leise „Trampen“ in den Raum. Der Holländer schlug es mir aus dem Kopf. Als erfahrener Welt- und Thailandreisender wusste er, dass Thais keine Farangs (Ausländer) mitnehmen. Glücklicherweise ist dieses Wissen anderen Farangs entgangen und sie trampten und fanden recht schnell eine Art Pickup. Keine drei Minuten später hielt noch ein ViehTransporterÄhnliches Gefährt an und las nochmal sechs Hanseln auf und es ging im Vollspeed unter Missachtung aller Regeln die 60km nach Ranong.
Es gibt sowas wie Verkehrsschilder, aber deren Daseinsberechtigung rangiert zwischen wohlwollender Empfehlung und thailändischem Sinn für Humor. Mit Rückenweh, angesengter Nase (wer cremt sich schon vor einer Busfahrt ein?) und fünf wunderbaren Bekanntschaften im Gepäck verließen wir den Viehtransporter und gaben ein großzügiges Trinkgeld. Auch in der Hoffnung, dass er Thai am Steuer weiterträgt, dass Langnasen auch dann ihren Geldbeutel öffnen, freiwillig und großzügig, wenn man sie nicht abzockt…
Mit 40 Minuten PufferZeit bis zum letzten Speedboot landeten wir an der Pier und eine erste Entspannung trat ein – wir werden die Insel erreichen. Mit 35 Minuten Speedboot und einer Runde Tuk Tuk quer durch Ko Phayam. Knapp neun Stunden für 150km. Ultraläufer sind nicht langsamer.
Und doch lohnte sich die bescheidene Durchschnittsgeschwindigkeit von 16,7km/h: DAS Paradies erwartete uns. Nicht ganz der Hund begraben. Im Gegenteil. Eine reiche Meute tiefenentspannter Straßenköter säumte die Straße. Und der BMI mancher Exemplare rangierte zwischen Tonne und Fass. Kein Wunder bei dem StreetThaifood.
Es brauchte nur wenige Augenblicke um zu spüren, dass ich endlich einen Ruheort gefunden habe. Mit drei Mitreisenden wurde es ein wunderbarer und herrlicher Abend am Meer, bei Bier und Cocktail und *oops*.
Unendlich glücklich, müde und erschöpft landete ich unterm Mosquitonetz in einer kleinen Bambushütte. Kalte Dusche, keine Klospülung und einen guten Dutzend Viehzeug als Bettnachbarn. Dafür unterm Sternenhimmel, mit Meerblick und -rauschen, Vogelgezwitscher und Insektenlärm. Unter tropischen Bäumen, zwischen grüneramgrünsten Büschen und einem Inselgefühl, wie ich es seit Tagen suchte.
Ich fand es. Das Paradies. Vier Nächte werde ich uendlich dankbar dieses Geschenk annehmen. Ein bisschen Mopedfahren, es zumindest erst mal wieder lernen, gut essen, mit Leuten schnacken und schreiben. Mein Saudi-Blog wartet seit über zwei Monaten auf Veröffentlichung…
Sonne im Herzen aus dem Paradies:
Hi Liv, ich habe Thailand in allen Facetten genossen. So wie Du es erlebst, toll beschreibst bekomme ich wieder Sehnsucht eben so unkonventionell Reisen zu erfahren. Besonders spannend und erlebnisreiche empfehle ich Dir vor der „Flucht“ nach Malaysia den Norden Thailands.
Liebe Livia, danke für diesen Schmunzeltext. Ich fühlte mich mitgenommen und freue mich, ein Stück weit mitreisen zu dürfen.
Wunderbar, ja poetisch geschrieben, liebe Sailiv. Gerne mehr!! Grüße C.
Das hast Du toll geschrieben, was haben wur gelacht…sind auch seit 3 Wochen auf Phuket,aber etwas komfortabler…
Danke für soviel Spaß
Wer eine Reise tut der kann was erzählen 😉
Die meisten mit dem gleichen Ziel > Geheimtipp [;-)]
Egal, dass ist Thailand, alle Geheimnisse scheinen gelüftet. Sehr kurzweilige Berichte und sehr schöne Fotos. Ich hoffe, wir laufen uns in 4 Wochen in Hanoi über den Weg!!
VG aus Berlin.