Eine Liebeserklärung

Ich gestehe, ich war nie der bekennende Tierfreund. Als kleines Mädchen, so im zarten Alter von sieben Jahren, wollte ich unbedingt, wie fast alle Kinder in dem Alter, ein Haustier. Zum Kuscheln, Knuddeln und Sorgen abladen. Auf 60 Quadratmetern mit vier Personen und gefühlt zwei Dutzend Aquarien war nicht viel Platz. Alles Bitten und Betteln schaffte es gerade so zu einem kleinen Fellvieh. Maggie genannt. Maggie war tiefschwarz und das wurde ihr eines Tages zum Verhängnis. Maggie – ihres Zeichens auch Meersau genannt. Der Anfangseuphorie wich bald Ernüchterung. So eine Meersau ist nicht nur süß und kuschelig. Sie macht auch Arbeit. Den Stall säubern. Täglich frisches Gras, am besten Löwenzahn sammeln und das vereinsamte Tier bespaßen und bespielen. Es dauerte nur ein paar Monate und aus der Lust wurde Last. Maggie stand im Sommer immer auf dem Balkon. In einem kleinen Häuschen schützte sich das schwarze Fellvieh vor der heißen Südbalkonsonne. Sofern ich daran dachte, das Häuschen mit rauszustellen. Und eines Tages dachte ich nicht mehr daran. Stellte das arme Tier raus und Stunden später lag es platt da. Hitzschlag. Im zarten Grundschulalter hatte ich mein Meerschweinchen Maggie auf dem Gewissen. Unzählige Tränentage später verdrängte ich es. So gut es ging.

Und von da an war mein Verhältnis zu Tieren gespalten. Tiersatt war ich. Tierparks mochte ich noch nie besonders. „Mein“ Reh Bambi am heimischen Zaun in freier Wildbahn war mir allemal lieber. Ein Hund im Haus kommt nicht in Frage. Nasses Hundefell stört mein empfindliches Näschen beträchtlich. Katzen sind opportunistische Ignoranten mit gefühlt dauerhaftem Fellwechsel … Unzählige Gründe sprechen dagegen, dass ein Tier und ich Freunde werden könnten.

Bis, ja bis zum dem Tag, als ein kleines Bündel Fell Curcumanien eroberte. Ein wochenlang namenloses Katerchen eroberte mein Herz im Sturm. Noch nie habe ich eine so hübsche, drollige, herzerweichende Katze gesehen: Ebenmäßig gezeichnetes, unendlich wuschelig-kuscheliges Fell. Neugierige, wache, freche, große Katzenkulleraugen. Das Fell rot, ein wenig gestreift, mit weißem Latz und weißen Pfötchen. Gezeichnet in perfekter Symmetrie. Anfangs sauste Kuschelklops, wie Anita ihn taufte, durch die Räume, jagte Papierkügelchen, pflückte die Pflanzen kahl, nutzte Gardinen als Kletterstange. Zum Schreien komisch, der kleine Kerl. Gefährlich. Denn an Arbeiten war mitunter nicht zu denken. Kein Kinofilm war spannender als dieses putzige Kerlchen. Und er war so anhänglich. Ließ sich in allen möglichen Arten auf dem Arm nehmen, auf den Rücken legen, kraulen, durchkitzeln, bespielen und bespaßen. Er schnurrt und quietscht, wenn man ihn hochnimmt. Ich habe mein Herz verloren, an ein Katerchen, wer hätte das für möglich gehalten.

Nun sitzt der Bursche im Büro auf dem Fensterbrett. Schläft und schläft und schläft. Verpennt einen ganzen Arbeitstag. Kurze Momente unseres Stresses entspannt er: Auf unserem Arm schnurrt er uns wieder gelassen. Gähnt mit einer Wonne, dass es ansteckend ist. Straft uns mit Ignoranz, wenn sein Futternapf nicht mit dem gefüllt wird, was ihm lieb und Katzendiener Charlie teuer ist. Wird unser Arbeitstag zu lang, wird Leo ungeduldig. Zerrt seine Tasche heran, frisst wie zum Trotz an den Kabeln und kneift ins Bein. Wer ist hier der Vernünftige fragt man sich.

Und eines hat das schönste Kätzchen der Welt geschafft – er ist das erste Tier, das mein Herz wieder erobert hat, nach fast drei Jahrzehnten … Eine Liebeserklärung an Bürokatzer Leo … Denn auch du zauberst sie herbei, die

Sonne im Herzen

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