Digitale Hexenjagd

Es gab mal eine Zeit, da turnte ich neugierig in Chaträumen herum. Das, was ich dort erlebte, war vor allem ein faszinierend erschreckender Einblick in die Abgründe der menschlichen Seele. Versteckt hinter Nicknamen und abgetaucht in die Anonymität des weltweiten Netzes offenbarten so manche ihr wahres Ich.

Aber auch Facebook ist nicht gerade die bessere Alternative. Weniger anonym, dafür mit Klarnamen, nicht selten sogar recherchierbarer Anschrift und Telefonnummer zeigen Nutzer im Gesichtsbuch ihr wahres Gesicht hinter der Fassade. Da erschießt ein ranghoher Beamter in Botswana einen Elefanten und es wird ungeniert und öffentlich danach gefragt, wer die Anschrift und Telefonnummer des Schützen kennt. Abgesehen davon, dass ich es moralisch selber für überaus verwerflich halte, was der Herr für 20.000 Euro getan hat – es war legal! Dafür bekam U.W. Morddrohungen und läuft vermutlich für Monate oder Jahre öffentlich Spießruten. Natürlich ist es richtig, zu diskutieren, sich auszutauschen, aber muss man öffentliche Plattformen dafür nutzen, in derartiger Weise über Menschen zu hetzen:

Geht gar nicht! Solche Typen sollten gejagt werden.

Asoziales arschloch !!!!

Scheiß egal ob Beamter oder nicht – jeder, der sowas macht ist in meinen Augen eine Drecksau !

Name von diesem Dreckschwein????

Nur vier Beispiele und Originalzitate auf der Facebook-TA-Seite. Stehen da nicht Täter und Ankläger auf einer (Niveau)Stufe?

Kaum beruhigte sich die Affäre „Elefantenmörder“, tauchte Alice Schwarzer in den Schlagzeilen auf. Die Wächterin über Gewissen, Moral und Gleichberechtigung hinterzog Steuern. JA! Ein Traum. Endlich kann die Öffentlichkeit losprügeln, wie auf den Seiten der Süddeutschen:

…die Oberdenunziatin im Glashaus… Kein schöner Anblick!

Man möchte ihr echt eine reinhauen, für ihre Argumentation.Ich bin richtig enttäuscht von der Frau

Schadenfreude und Häme satt. Nicht selten gepaart mit einer Aggressivität, die mir Angst macht. Wie oft juckte es mich in den Fingern, meinen Senf dazu zu gegeben und allzu oft löschte ich das Geschriebene, bevor ich Enter drücken konnte. Ärgerte mich über diese vergeudete Energie.

Warum traut Mensch sich online so gehen zu lassen? Würden wir in einem Cafe jemanden derart anpöbeln? Weicht die virtuelle Welt die Grenzen realer Moral auf? Kommt hier das wahre menschliche Innere etwa auf die Bildschirme der Welt?

Ehrlich gesagt, mir macht diese digitale Hexenjagd Angst. Immer mehr liebäugle ich mit dem totalen Rückzug ins wirkliche Leben, dem mit

Sonne im Herzen

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