Kaum kann ich wieder telefonieren, spinnt mein Fernseher. Die Farben verselbständigen sich, mal ist alles grün und dann wieder quietschegelb. Der Ton fällt aus, die Fernbedienung mag auch nicht mit neuen Batterien. An sich ist es nicht so dramatisch, den Müll meiner 2000 Sender schau ich mir eher sporadisch an und in mutigen Momenten glaube ich gar, ich könnte ohne die Berieselungskiste überleben.
Aber das ist in diesem Fall eigentlich nicht der springende Punkt. Vielmehr nervt es mich, dass ein Gerät, welches einst über 1000 Euro kostete, nach fünf Jahren seinen Abschied in Raten feiert. Ein neues Gerät kostet mit vergleichbarer Ausstattung nur noch ein Drittel. Aber sollte es hier nicht ums Prinzip gehen?
Ich erinnere mich an die elektrischen Geräte aus meiner Kindheit: Waschmaschine, Fernseher, Herd, Kühlschrank, Küchengeräte … Die waren gefühlt für die Ewigkeit gebaut. 20 Jahre und länger konnte man sie betreiben und wenn was klemmte, baute der Service für ein paar Mark ein Ersatzteil ein und die Kiste lief wieder. Es gab ganze Unternehmen, die sich auf Reparaturen spezialisierten. Und heute? Wenigstens das Internet ist eine Quelle der Offenbarung. Unzählige Verbraucher berichten in Foren über ihre Geräte, die kurz nach dem Ablauf der Garantie ihren Geist aufgaben. Häufig sind es schlicht billige Kondensatoren und sonstige Bauteile, die verbaut werden und nach ein paar Jahren den Geist aufgeben. Diese, in größeren Einheiten fest verklebt, lassen sich nur mit erheblichem Aufwand austauschen. So kommt es, dass der Kostenvoranschlag werkseigener Reparaturbetriebe nur knapp unter dem Neupreis eines neuen Gerätes liegt.
Ein Schelm, wer böses dabei denkt? Natürlich nicht! Geplante Obsoleszenz schimpft sich dieser Vorgang und meint damit den Einbau von Schwachstellen in Produkten, damit diese beizeiten den Geist aufgeben. Die ersten Gauner finden sich in der Automobilbranche. Schon 1920 veränderte General Motors seine Autos, damit Kunden schneller zum Neukauf genötigt werden. Einen der größten Skandale leistete sich 1924 das Phoebuskartell. Bis dato brannten Glühbirnen nahezu lebenslänglich.
Die weltweit größten Glühbirnenhersteller beschlossen jedoch, mit dünneren Glühdrähten die Brenndauer auf unter 1000 Stunden zu reduzieren.
Die Liste könnte nahezu endlos sein: Drucker, Haushaltsgeräte, Handys, Navis, Unterhaltungselektronik, Rechner, elektrische Zahnbürsten … Überall findet sich vorsätzlich produzierter Schrott. Betreiber von Seiten wie „Murks nein danke“ sammeln Verbraucherberichte.
Na und? Kauf ich halt alle paar Jahre die neueste Technik? Wie lange geht das noch gut? Was passiert mit dem Elektronikschrott, der anfällt? Und noch viel wichtiger ist die Frage: Wie lange können wir unsere Ressourcen noch ausbeuten? Wertvolle Metalle wie Gold, Silber und Kupfer landen auf Müllhalden, weil es (zum Teil noch) technisch zu aufwändig ist, diese wiederzuverwerten. Der Abbau seltener Erden ruiniert ganze Landschaften und beschert uns die Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen, da diese vorrangig dort gefördert werden.
Die größte Herausforderung scheint es zu sein, überhaupt Geräte mit langer Haltbarkeit zu kaufen. Einst gab es Firmen, deren Marke stand bereits für eine lange Lebensdauer. Darauf ist heute kein Verlass mehr. So mancher Bastler versucht sich selber am Austausch der Bauteile. So lohnt es sich, das Innere einer elektrischen Zahnbürste zu erkunden. Der verbaute Akku ist überaus leistungsschwach und muss irgendwann seinen Geist aufgeben.
Die Hersteller sind immerhin dazu verpflichtet, ihren produzierten Schrott zurückzunehmen und fachgerecht zu entsorgen. Könnte nicht hier der Ansatz für die Politik sein, der Verschwendung von Ressourcen Einhalt zu gebieten? Was wäre, wenn die Hersteller ihre Altgeräte nicht nur nach Afrika zum Ausschlachten verfrachten, sondern vollständig selber recyceln und einen hohen Prozentsatz in neuen Geräten verbauen müssen. Würde dies ein generelles Umdenken bewirken und bereits in der Produktplanung dazu führen, Haltbarkeit und Recyclebarkeit zu optimieren? Könnte nicht die gesetzliche Gewährleistungspflicht auf fünf oder gar zehn Jahre ausgedehnt werden? Oder gibt es seitens der Politik daran überhaupt kein Interesse daran? Würde es die Wirtschaft schwächen? Müssten wir Verbraucher dann mehr zahlen?
Warum nicht?! Wenn unsere Geräte um ein Vielfaches länger halten, sollten wir doch auch bereit sein, einen vielfachen Preis zu zahlen?!
Fragen über Fragen und die olle Flimmerkiste flimmert und flackert mit Aussetzern fröhlich weiter vor sich hin, bis sie den Geist aufgibt. Dann sehen wir weiter … Oder halt in die Röhre.