Zeiten, die sich ändern

Eine kleine Horde Fünftklässler jagt im Frühjahr auf Rädern durch die Stadt. Trifft sich in den Sommerferien am Baggersee. Liefert sich im Herbst eine Blätterschlacht im Wald. Der Winter gehört dem Schnee. Rodeln. Skifahren. Schneeballschlachten. Dazwischen bleibt unendlich viel Zeit für Unfug: Kann man wirklich mit Andreas Brillengläsern ein Feuerchen machen? Haben unsere Eltern die Süßigkeiten sicher genug vor uns versteckt? Wer traut sich das Klingelmännchen bei der grummeligen Nachbarin zu? Stubenarrest war die wohl schlimmste Strafe. Viel Zeit zum Reden bleibt. Zum Streiten. Zum Versöhnen. 13-Jährige entdecken die Welt. Das war mein 1988 …

26 Jahre später:  Xbox, Whatsapp, Facebook … Mit viereckigen Augen hocken ganze Heerscharen einer Generation stundenlang vor dem smartphonigen Mäusekino, x-Zoll-großen Bildschirmen und der internetfähigen Glotze. Entzug der Medien bedeutet Langeweile für Heranwachsende. Frischluft scheint eher eine Strafe. Geredet wird in Kürzeln. Lachen heißt jetzt lol und wer weint simst ein Smily mit Tränchen. Entschuldigt wird sich mit sry. Verabschiedung? bb!

Da kotzt nicht nur mein Texterherz! Ich fühle mich wie meine eigene Oma, die mir vor Jahrzehnten von guten alten und schlechten neuen Zeiten erzählte. Von alten Schinken und Klassikern, geschrieben in achsotoller deutscher Sprache. Ich verleierte dabei die Augen und dachte mir damals schon, dass sich die Zeiten ändern und ich mal lieber im Hier und Jetzt und Heute lebe.

Aber ändern sie sich wirklich immer zum Besseren? Oder rutsche ich gerade in die Generation, der es traditionell obliegt, der Vergangenheit hinterher zu trauern? Ich gebe zu, ich tue es mitunter. Bin dabei hilflos als Ebenfallsnutzerin der Medien von heute und als erziehende Mutter, die Grenzen setzen soll und den Lauf der Dinge akzeptieren muss. Ein Tanz auf dem Drahtseil zwischen  Bewahren und Loslassen. Dem Vermitteln von alten Werten und neuen Gepflogenheiten. Tradition und Moderne.

Ich freu mich auf den Sommer. Auf Zeit am See. Auf die Blätterschlacht im Herbst, auch wenn vorpubertäre Zwerge es kindisch finden und doch mitmachen. Auf die Rodeltour im Schnee und die Wanderung durch die Frühlingswelt. Vorbild ist wohl der einzige Weg, den ich gehen kann. In der Hoffnung, dass in 26 Jahren meine Lütten darüber nachdenken, was wirklich wichtig ist im Leben. Das gilt natürlich auch für Meinereiner, damit sie scheint, die Sonne im Herzen!

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