Bloß weg hier

Zwei kleine Schlümpfe schlüpfen früh aus ihrem Nest, tapsen wie immer barfuß übers kühle Laminat und jammern über kalte Füße. Es ist soweit! Ich muss Schuhe kaufen, Hausschuhe.

Was den meisten Mädels Jubelstürme entlockt, ist für mich eher ein K(r)ampf. Nicht selten braucht es mehrere Anläufe, einen mit PVC-und-Leder-Luft-geschwängerten Laden zu betreten. Zwischen Riesengläsern-Flügeltüren und diesen Sicherheitspiepsdingern stehen schon die ersten, allerdings männlichen Leidensgenossen. In der einen Hand ne Plastetüte von KiK, H&M oder Co. Die andere Hand frei für die an diesem Ort sinnvollste Ablenkung – das Smartphone. E- Mails checken, Facebook schauen, Musiksammlung kontrollieren, Anrufliste durchgehen. Zwischendurch der prüfende Blick über die Regale, ob sich die Holde zwischen den Stapeln aus Schuhkartons blicken lässt. Gefühlt alle 15 Minuten lässt sie sich blicken, mit Schuhen an den Hacken, die entweder zu groß, zu klein, zu schmal, zu fehlfarben oder zu sonstwas sind. Er kann nur Nicken oder Knurren. Mehr Regung und Anteilnahme ist kontraproduktiv. Eine Knurren heißt NEIN und ist für sie gleichbedeutend mit: Die Treter sind hässlich. Ein Nicken heißt Ja und sie versteht: Alle anderen Schuhe findet er schrecklich. Es ist sowieso egal, was er sagt … Also sucht er sich, mit halbem Blick auf Handy und halbem Blick Richtung Fluchtweg-Flügeltür seinen Anschi… aus und wartet geduldig, bis die Stunden vergehen.

Ich muss da jetzt auch durch! Eingerahmt von meinem Schlümpfen, die meine mangelnde Leidenschaft für Schuhshopping teilen, wagen wir den Versuch.

Nie werde ich verstehen, worin das Vergnügen besteht, Dutzende Schlappen anzuprobieren und in 99% der Versuche zu beschließen, den Laden ohne Beute zu verlassen. Vermutlich auch, weil meine genetischen Anlagen nicht wirklich auf Schuhkauf ausgelegt sind. Eine knappe Größe 43 findet sich eher selten und für Männertreter bin ich von Wanderschuhen mal abgesehen zu viel Frau. Schuhkauf hat nicht sollen sein in meinem Leben.

Aller Drückebergerismus ist sinnlos und noch an der frischen Luft stehen die ersten Hausschuhe für Kinder. Überdimensionale Flauschdingsdabums mit Froschkörpern, Löwengesichtern, aus Teddyfell und den Comic-Missgestalten von Nickelodeon, Super RTL und KiKA. Sofort ist sich die Bande handelseinig: An die kleinen Schlumpftapsen sollen verärgerte Artillery-Vögel namens „Angry Birds“. Das ist auch eines der am meisten heruntergeladenen Spiele für Smartphones überhaupt. Ein roter gelbschnabeliger Dummvogel schießt mit seinen Kollegen, den anderen Dummvögeln, Schweine ab, indem sie sich in einen Katapult einspannen. Vermutlich hätte ich mich mit neun Jahren auch dafür begeistert. Der 11-Jährige WILL Homer- Simpson-Schuhe. The Simpsons – die wohl pädagogisch fragwürdigste Sendung im deutschen Vorabendprogramm. Wie ein Wachhund pass ich auf, dass die Ningelbande beim Zappen dort nicht hängen bleibt. Der Humor ist so derb zwischen den Zeilen und nach Worten meiner Lütten wie „Mama, wir verstehen mehr als du befürchtest“ meide ich solche Dreideutigkeiten diverser TV-Kanäle.

Die Öko-Mutter in mir zuckt! Schuhe sollen nicht nur pädagogisch wertvoll sein, sondern auch meinen ökologisch korrekten Ansprüchen gerecht werden und ein orthopädisch genormtes Fußbett bieten …

Große schwarze Kulleraugen sind da gaaaaanz anderer Meinung und eine Entscheidung muss her. Stundenlange Diskussionen in einem der schlimmsten aller Shoppingtempel oder nachgeben, bezahlen und weg hier? Die Rasselbande weiß mich rumzukriegen und flugs stehen wir an der Kasse. Mit flauschigen Homer-Simpson- Schlappen und den „Angry Birds“ zum Reinschlüpfen.

Die Dame vor uns kauft Hacken mit Halbpfennig-Absätzen und Extra-Plateau. Mein Großer kann den Schnabel nicht halten: „Warum zieht man solche Dinger an?“. Er wird ignoriert, aber das Schnuckelchen an der Kasse erhält die Erklärung: „Eigentlich passen sie nicht, aber die Schuhe sehen so gut aus! Ich wollte sie eh nur einmal zum Ausgehen anziehen!“.

Eine verschworene Dreierbande grinst und verlässt kichernd den Laden. MeinerEiner nicht ohne das Lob des Tages zu kassieren: „Du bist echt ne coole Mama“ …

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