Sternenkrieg

Es gibt Tage im Leben einer Mutter, da glaubt man, seinen Kindern etwas schuldig sein zu müssen. Besonders, wenn ihr Herz voller Inbrunst für ihre ureigene Leidenschaft schlägt. Sie sich dafür begeistern, Raum und Zeit vergessen. Ganz im Hier und Jetzt auf die Glotze starren und kein Morgen und Gestern kennen. Vergangene Woche war es soweit. Das TV-Programm versprach das Highlight der Woche und schon Tage vorher bettelten meine Lütten um diese eine Sendung. Unter Einsatz unlauterer Mittel, Erpressung, Liebesbekundungen und auch Dutzende Alternativvorschläge für MeinerEiner sollte das sture Mutterherz milde und nachgiebig gestimmt werden. Und nun ja, ich gab nach und opferte mich. Es gibt nur wenige Dinge auf der Welt, zu denen mir derartig der intellektuelle Zugang fehlt, wie jegliche Ausstrahlung von Science Fiction. Star Wars, Star Trek, Planet der Affen und Co. gehen mir sowas von Handbreit und peripher am Allerwertesten vorbei wie *oops*.

Aber ich wollte tapfer sein, nicht mit unwissender Ignoranz glänzen, Interesse nicht nur heucheln, sondern zumindest ansatzweise verstehen, was kleine und große Männer an SciFi interessiert. Gibt es eigentlich auch Frauen, die das freiwillig anschauen oder begleiten Selbige ihre Holden nur ins Kino, weil „Sex and the City“ grad nicht läuft?

Unter die Couchdecken kuschelten wir uns zu dritt und begleitet von dem Kommentar „Mama, du hast echt was gut bei uns“, wagte ich es . Hochmotiviert! Der Vorspann mit diesen sauteuren legogleichen Starwars-Raumschiffen ließ mir gleich den Kamm schwellen. Erinnerte dieser mich doch an vergangenes Weihnachten, als ich dem Zwerg einen großen Wunsch erfüllte – ein unverschämt teures Riesenteil aus tausenden Teilen Plastespritzguss. Heidenfroh war ich damals, dass die Lütten alt genug waren, das Monsterteil selber zwei Tage lang zusammenzubauen. Tage verbrachte ich nämlich schon auf dem heimischen Teppich damit, diverse Kunstwerke zusammenzustecken, die beim Staubwischen den Abmarsch von der Kommode zelebrieren und einen frühkindlichen Nervenzusammenbruch verursachen. Aber ja, ich gestehe, ich konnte den überteuerten Plastesteckbausteinen sogar was abgewinnen.

Überdimensionale Legomännchen jagten also die ersten zehn Minuten mit Taschenlampen, die Laserstrahlen mimen sollten, durchs Bild und ich verlor den Faden. Mist. Der Film hat noch nicht mal begonnen und ich weiß schon nicht mehr, wer gut und böse ist und warum die Typen auf eine Frau mit gigantischen Haarbüscheln auf dem Kopf ballern. Tapfer versuchten die beiden Süßen mir den Sinn und die Handlung zu erklären. Meine intellektuelle Leistungsgrenze war erreicht und ich erinnerte mich an den versäumten Abwasch, der sich auf dem Küchentisch auftürmte. Was für eine Gelegenheit zur Flucht. Da standen die Reste des seit Urzeiten leckersten Abendessen, gerne bestätige ich das notariell beglaubigt durch einen neunjährigen und einen elfjährigen Gourmet. Curry-Sahne-Hühnchen mit Nudeln. Nur die Erinnerung eine Stunde später an dieses leckere Mahl ließ mich die Augen nach oben rollen und mein Geschmacksknospen im Mund nachfühlen, was ich noch in Erinnerung rufen kann. War das lecker …

Verdammt, ich habe ein Versprechen einzulösen und muss zurück. In wohnliche Gefilde, zu diesen merkwürdigen Plastewesen mit blechscheppernder Stimme. Oh, was ist los? Die Jungs haben umgeschaltet?! Ein hübsch anzuschauender Bengel im spätpubertären Alter ziert die Mattscheibe. Nicht mein Beuteschema, aber nett anzuschauen. Also doch wieder in die Couch einsinken, könnte ein netter Familienfilm werden. Ich frage nach – Luke Skywalker heißt das Bürschlein mit der Popperfrisur und Föhnwelle. Aus der Traum. Immer noch „Star Wars Episode IV – Eine neue Hoffnung“.

Werbepause. Durchatmen. Das Gespräch suchen. 150 Minuten opfere ich an einem Freitagabend mein Wohnzimmer, aber Interesse vorzuheucheln, das geht mir zu weit. Was für eine Zwickmühle, versprach ich doch, den Couchpotato in Gemeinschaft zu mimen. Offene Worte: „Jungs, ich kapier das nicht und ich werde das auch nie kapieren. Lasst uns einen Kompromiss schließen, ich hock mich zwischen euch auf die Couch und darf dafür entgegen der Abmachung am Läppi werkeln.“ Ein bisschen Mama an der Seite ist immer noch besser als keine Mama war dann wohl die kindliche Erkenntnis des Abends.

So konnte ich eine Runde pokern, immer mal einen prüfenden Blick nach rechts und links werfen, zärtlich über die Schöpfe streichen und einen Blick auf die 94er Bilddiagonale koreanischer Herkunft werfen. Muss ich doch gleich mal googlen … Wisst ihr, was Samsung heißt? Drei Sterne! Was für ein blöder Name, nicht gerade ein Name, der für Qualität bürgt. Hui, Darth Vader im Bild! Der ist lustig, den hab ich mit Begeisterung immer auf dem KiKa geschaut. Dort läuft die Parodie „Darth Vader privat“. Leider fehlt für diesen Humor meinen kleinen Großen mittlerweile das Verständnis. Legendär, wie die Muddie Darth an den Ballettunterricht erinnert oder dieser am See die Entchen füttert. Irdische Zähmung eines Weltall-Machos. Das überfordert meine synaptische Leistungsfähigkeit nicht. Bevor ich meinen Gedanken weiter nachhängen kann, irritieren mich immer wieder neue Spielorte: Wüsten, Wälder, Weltall und wundersame Keller. Ein Herz für Minderheit erahne ich, Schauspieler mit Hypertrichose wurden erfolgreich gecastet. Sie nennen sich zwar im besagten Film Wookies, aber egal, solange dies zu mehr Toleranz in der Gesellschaft führt und Menschen mit extremen Haarwuchs nicht mehr ausgrenzt werden. Ich komme kaum dazu, eine Szene zwischen Netzhaut und Corpus geniculatum laterale hin- und herzubeamen, da rauscht bereits eine Mischung aus Mönch und Ku-Klux- Klan-Mitglied in brauner Kutte im Lego-Cabrio durchs All. Obi-Wan Kenobi lautet die fachkundige Aufklärung. Ohne Kostüm würde man dem glatt eine Versicherung abkaufen.

Bis zur letzten Sekunde erschloss sich mir nicht, warum R2D2 und sein Goldjunge C3PO unverletzbar durchs Bild tappen. Da wird mit allen imaginären Waffen geballert und die Blechbüchsen mit zu klein geratenem lebenden Inlay haut es nicht mal um.

Gähn … Als Lady Gilmore versuche ich mich doch lieber erfolglos am Royal Flush im weltweiten Web. Nicht mal die Dialoge wären es wert, gehört zu werden. Null Witz, keine Spannung, von Zweideutigkeiten ganz zu schweigen.

Ich habe nur einen Grund, mir das anzutun – meinen Söhnen zuliebe. Reicht das? Nein, ich habe beschlossen, dass mir das nicht reichen wird und als wohlerzogene werdende Männer werden sie das verstehen. Bis hierher las ich ihnen diese Zeilen vor und sie amüsierten sich köstlich, naja, wenigstens haben wir fast den gleichen Humor.

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