Was verbindet Livia Schilling mit Carrie Bradshaw?

Was für eine absurde Frage? Mitnichten!

Carrie und ich – wir schreiben! Einmal in der Woche erreichen unsere geistigen Ergüsse die große, weite Welt. Carrie nutzt das Medium der „New York Star“ und MeinerEiner die Gothaer und die Jenaer Internetzeitung. Carrie liebt es, über Männer zu philosophieren. Ich widme mich eher dem Leben im Allgemeinen und meiner Sicht auf Selbiges. Immer wieder liebäugle ich mit dem Gedanken, hier meine repräsentativen Erkenntnisse über die Männerwelt zum Besten zu geben. Aber die Gefahr, dass sich dreibeinige Vertreter aus meinem realen Lebensumfeld wiedererkennen und stinkesauer sind, hält mich vorerst davon ab. Ich kann ja nicht unter jeden Text hollywoodreif schreiben: „Personen und Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.“ Meine Lästerattackenopfer würden sich eh ganz sicher wiedererkennen. Schon zarte, bloße Andeutungen zwischen den Zeilen wurden enttarnt. Nun ja, eines Tages finde ich sicher den Mut …

Carrie schafft es, in ihren Kolumnen allgemein allumfassend zu bleiben. Zitate wie „Vielleicht ist es manchen Frauen nicht bestimmt, gezähmt zu werden. Vielleicht müssen sie in Freiheit laufen, bis sie jemanden finden, genauso wild wie sie, der mit ihnen läuft“ sind Quelle meiner Lebensphilosophie und Inspiration und einer der Gründe, mir die Folgen von „Sex and the City“ anzuschauen.

Aber so manche Leidenschaften von Carrie, Miranda, Charlotte und Samantha bleiben mir wahrlich suspekt: Meine mangelnde Affinität zu hohen Hacken ist ja ein offenes Geheimnis. Auch dem Handtaschentick kann ich gar nicht folgen. Es soll ja Frauen geben, die horten Hunderte davon in ihren gut sortierten Schränken. Vor allem diese Riesenmonstertaschen hinterlassen große Fragezeichen in meiner Livia- versteht-die-Welt. Wozu braucht Normalo-Frau eine Tasche, in der sie einen nichtgefalteten DIN-A0-Block verstauen könnte? ICH wüsste schon ganz genau, was ich da alles reinpacke: zwei Bodys (nicht Kerle, sondern Kameras, mannomann!), zwei Objektive, einen Blitz, Ersatzakkus, Laptop, Kalender, Eierfon, Portmonee, Schlüssel, Mitschreibbuch, Stifte, ́n Haufen Kabel, Kartenleser … Mit knappen 20 Kilo und skolioseschiefer Schulter würde ich dann durch die Welt tappen. Es fügte mich besser in die Reihe der klassisch-traditionellen Damenwelt ein. Noch trage ich meinem alternden Kreuz zuliebe den rückenschonenden Rucksack, der den Bruchteil einer unhandlichen Handtasche kostete und indem ich ALLES sofort finde.

Irgendwann ergründe auch ich das Geheimnis der Frauenhandtaschen. Was schleppen da tagtäglich holde Nichtschreiberlinginnen ohne Fotoausrüstung mit sich herum? Wie kann es sein, dass ihr nie euer Geld oder das klingelnde Handy findet, während jeder Taschendieb dafür nicht mal zwei Sekunden braucht?

Für unglaubliche 2,7 Millionen Euro kann frau in der Dubai Mall die mit mehr als 4.500 Diamanten besetzte, vermutlich teuerste Handtasche der Welt erwerben. Schnödere Marken mit so einfallsreichen Namen wie Birkin Bag oder Kelly Bag halten ihr Repertoire an verfügbaren Lederbeutelchen auf dem Weltmarkt bewusst knapp, um einen künstlichen Hype und ein „must have“ zu erzeugen. Locker eineinhalb Jahre geduldet sich Miss Schickeria auf so mancher Warteliste, damit sie ein solch stylisches Einkaufsbeutelchen für Zigtausende eines Tages ihr Eigen nennen darf. Dabei wäre es doch ein leichtes, in Fernost eine Firma zu finden, die für eine Handvoll Dollar ein paar Dutzend Stückerl Leder zu einem hässlichen großen Ganzen zusammenfügt. Aber nein, dann müsste ja jede schnöde Fußgängerzonen-ich-wäre- auch- gerne- wie- Carrie- Bradshaw- Pomeranze ohne realexistierenden Handtaschentraum existieren. Ohne den Traum von der großen, weiten, reichen, schönen Welt. Einer Welt erfolgreicher, makelloser, perfekter Sex-and-the-city- Prinzessinnen. Einer Welt sextalkender Weiberbündnisse, deren Lebensinhalt anscheinend daraus besteht, am Prosecco oder Champagner zu nippen, exorbitant teure Eiscreme auf der 5th Avenue zu löffeln, in Nobelrestaurants zu schlemmen und in Edelboutiquen zu shoppen. Ich geb ja schon zu, dass auch ich mit Vergnügen in die Welt von Carrie Bradshaw, Miranda Hobbes, Charlotte York und Samantha Jones eintauche und mich dabei köstlich amüsiere.

Vor allem frage ich mich, wie die vier botoxgestrafften Ladys knapp vor der Menopause ihre Brötchen verdienen. Obwohl – ich sah sie noch nie ein Brötchen mümmeln. Gefühlt drei Prozent der Sendezeit verbringen die Grazien mit Arbeiten, um dann Tausende Dollars auf den Kopf zu hauen. Die „Glamour“ recherchierte einst, was so ein Leben im Monat kosten würde: Ein kleines Appartement in New York liegt so um die 2000 Dollar, zweimal am Tag nach dem Taxi krähen, bringt es auf 250 Dollar, früh ausgiebig lunchen und am Abend einen Cosmopolitan schlürfen, kosten um die 800 Dollar. Da hat die zarte Elfe noch kein Paar Manolos im begehbaren Schrank, Chanel auf der wellnessverwöhnten Haut, Louis Vuitton über der anorektischen Schulter und das Wochenende in den Hamptons auf Long Island bezahlt.

Was muss man denn bitteschön im Monat für so einen Lebensstil verdienen? 8000 Dollar? Könnte gerade so hinkommen … Irgendwas mach ich falsch. Ich schreib doch auch hier jeden Freitag meine tiefgeistigen, philosophischen Ergüsse. Aber 2000 Dollar pro Artikel waren noch nie drin. Zu gerne würde ich gerade die Augen meines Chef(kritiker)s sehen *lach*. Ich werde mal nachfragen, was da noch so drin ist …

Wie ich die umgerechnet 6110,90 Euro im Monat auf den Kopf hau, weiß ich auch schon: Schicker Fotorucksack, mit dem neuesten technischen Schnickschnack von der Photokina, mindestens zweimal pro Woche Sushi, locker zweimal im Monat ein Wellnesswochenende, ganz sicher zweimal im Jahr 5-Sterne-Urlaub auf einer einsamen Insel mit *piep* und, und, und … HACH!

AUFWACHEN!

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