Das ist ja wieder mal ne Überschrift vom Feinsten und nicht Chef-vom-Dienst- tauglich! Fragezeichen geht gar nicht, ein Verb ist gut, ein Hilfsverb ist peinlich. Die Überschrift soll Lust aufs Lesen machen und zumindest eine Aussage treffen, was den interessierten Schmökerer so erwartet.
Aber es gibt Tage im Leben, da geht hier gar nichts am antiken Tisch des Schreiberlings. Da sitzt du vor einem leeren Blatt und dir fällt nichts ein oder noch schlimmer: Man sitzt vor einem endlich zurechtgezimmerten Rohtext, weiß der Kern ist gar nicht so schlecht und bekommt keinen anständigen Satz zusammen. Was tun? Vermeidungsstrategien auffahren: Kaffee ist da immer die erste Flucht! Hilft gegen Frieren vom vielen Sitzen, macht ne halbe Stunde munter, schindet Zeit und hat was vom täglichen Aufsteh-und-schwungvoll-Start-in-den-Morgen-Ritual. Also steht der Riesenbecher mit lecker italienischem Milchschaum vor mir und das verdammte Blatt glotzt immer noch strahleweiß vom Bildschirm.
Ein guter Text braucht ein besseres Bild. Fotografieren macht Spaß und geht auch mit Schreibblockade. Ausrüstung auspacken, aufs Stativ schrauben und ne Tabakpfeife fotografieren, denn das soll das nächste Thema sein. Der Kunst sind keine Grenzen gesetzt und nun wird gespielt, ein Zooooomeffekt kommt sicher toll. Nach dem x-ten Versuch der schief geht, wird klar, diese Vermeidungsstrategie ist nicht nur unprofessionell sondern auch kontraproduktiv, denn ich erkenne, wie mir die Zeit davon rennt, der verdammte Text nicht will, das Foto daneben geht, der Frust steigt und die Selbstzweifel auch.
Ach Mädel, hättest du nicht was lernen können, bei dem du nicht auf deine unzuverlässige Kreativität angewiesen bist. Aber was? Ich geb ja zu, dass ich meinen Traum lebe, ich glaub ich kann besser schreiben als reden. „Verdammte Axt“ flucht es in mir, reiß dich zusammen, such dir einen netten Kollegen und alten Hasen, bei dem du dich mal kurz auskotzen kannst und schon wird ́s ein μ besser. Und so langsam wird es deutlich besser, mit Fremdschubser ein paar Wörter umstellen, neuer Satzbau und WEGLEGEN.
Es macht überhaupt keinen Sinn, Kreativität zu erzwingen. Aufgaben, die Routine und das Hirn nicht zu sehr beanspruchen – zu denen kann man sich zwingen. Aber Zeilen, die von Herzen kommen und dieses auch erreichen sollen, das kann man knicken …
Stunden später schwatzte ich nochmal mit meinem Probanden, klärte noch ein paar offene Punkte, die ich im Gespräch vergaß und siehe da, auf einmal wirds es rund und runder. Die Fotos gelingen auch noch.
Und wieder mal auf ́s Neue die Einsicht … Alles wird gut. Mit Geduld und Gelassenheit gelingt, was mal ein Text werden soll. Und als ich hier so endlich fertig werde, erinnere ich mich an alte Studienzeiten, da klebte in meinem Ordner ein Zettel mit meinem persönlichen Lern- und Arbeitsregeln:
1. ausgeschlafen, gegessen, getrunken
2. positive Einstellung und motiviert das Ziel vor Augen
aufgeräumter, beleuchteter und angestammter Arbeitsplatz Telefon und Handy leise, Facebook, Xing und Co. sind tabu
Kaffee als Belohnung im Hinterkopf und Vermeidungsverhalten nicht zulassen
Sinnvolle Tageseinteilung und Pausen
Könnte ich mir mal wieder an die Wand hängen und dann stellt sie sich auch wieder ein, die Sonne im Herzen!