Es war einmal ein kleiner Engel. Gabriel sein Name. Gabriel ist überall und nirgendwo, kein Ort sein Zuhause: Er ist einfach da und reist. Engel brauchen dazu nicht ihre Flügel! Sie kennen die Kraft der Gedanken, der Vorstellung. Sogar unvorstellbare 78 Milliarden Lichtjahre überwinden sie von einem Moment auf den anderen und begeben sich an jeden beliebigen Ort im Universum.
Auf seinem Gedankenflug durch Raum und Zeit streift Gabriel eines Tages den Blauen Planeten. Die der Sonne zugewandte Seite strahlt in seinem himmelblauen Kleid aus Wasser mit weißen Wolkenbergen aus Wasserdampf. Die andere Seite ist tiefschwarz mit unzähligen Lichtinseln großer Städte.
Das macht Gabriel neugierig. Diesen Planetenball musste er sich genauer anschauen.
In einem intergalaktisch vergleichbar kleinem Sandkasten landet er. Mit einem Plumps lässt er sich fallen und rutscht einen Hügel hinab. Berge aus Sand. Soweit das Auge reicht. Die Sonne brennt vom Himmel, staubtrocken die Luft, kein Windhauch regt sich, keine Pflanze, kein Tier zu sehen. Es ist still, nur ein zarter Singsang ist zu hören. Sand kann singen! Was für ein Wunder! Kleine Sandkörner, die über Sandwellenberge streifen, singen eine hohe pfeifende Melodie. Gabriel ist entzückt. Er lauscht, fühlt und blinzelt zwischen den zugekniffenen Lidern ins grelle Licht. Langsam verschwindet die Sonne hinter den Bergen aus Sand. Es wird kühl, fast eisig. Das Schwarz der Nacht legt sich wie ein schwerer Mantel über die Wüste. Sterne, Sterne über Sterne, so viele, dass man glauben könnte, es wäre eine gepunktete Straße aus Milchtropfen! Überall! Vorsichtig richtet der Engel seine Flügel und legt sich auf den Rücken, in den Sand. Was für ein Anblick! Gabriel kann es nicht fassen. Vor lauter Begeisterung findet er keine Ruhe, will nicht schlafen und keine Sekunde dieses Zaubers verpassen. Die ganze Nacht schwebt er zwischen Tagtraum und Nachtwache, nickt immer wieder kurz weg und wacht wieder auf, um zu staunen. Er hat ein Wunder gesehen! Das Wunder aus Sand und Licht!
Dann lugt die Sonne hinter den Sandbergen hervor und schiebt sich langsam empor. Sie erklimmt den Horizont und verteilt ihre wärmenden Strahlen. Der kühle Sand wird wieder heiß, die Luft trocken. Weit und breit nichts als Sand und Licht.
Gabriel zieht und fliegt weiter. Weit nach oben, so weit, dass er den Planetenball wieder als Kugel sehen kann. Das Blau fasziniert ihn. So viel Blau in allen Schattierungen. Dunkelblau, hellblau, grünblau, schwarzblau … Das muss erobert werden. Die Flügel angelegt und schwups, war er da. Inmitten der blauen Wasserwüste. In einem Meer aus Farben, Gerüchen, kleinen Inseln, mit Palmen bewaldeten Hügeln. Wasserfälle. Ein türkisblaues Meer, das tief in sich blicken lässt: Fische, Korallen, unzählige Pflanzen, eine große schwere Schildkröte zieht ihre Bahn. Das muss das Paradies sein, denkt sich Engel Gabriel so und flüstert vor sich hin: „Ich habe ein Wunder gesehen! Das Wunder aus Wasser, Tieren und Pflanzen!“
Doch Gabriel ist viel zu neugierig zum Bleiben. Er zieht weiter. Wieder weit in die Lüfte, um herabschauen zu können, sein nächstes Ziel zu finden. Große Steine, weiße Flächen, gewaltige Berge. Genau der richtige Moment zum Fliegen, nicht zum Landen. Und Gabriel fliegt! Begleitet von Vögeln, entdeckt er die Welt der Berge. Grüne Hochalmen, weite dunkle Wälder, eine Luft zum Durchschnaufen. Blendend weiße Gletscher aus Schnee und Eis. Hütten aus Holzstämmen gebaut, mit Kaminfeuer beheizt. Gabriel liebt die Berge und will mehr davon, er findet mehr: Berge, die Feuer spucken, flüssige rote Klumpen und Rauch. Was für ein Schauspiel! „Ich habe ein Wunder gesehen! Das Wunder aus Bergen, Feuer und Eis!“, schreit Gabriel seine Begeisterung hinaus.
Aufgeregt zieht er seine Kreise über diesen Erdenball. Kann sein Glück kaum fassen. Gibt es etwas Schöneres als dieses Fleckchen Universum?
Die Wunder des Universums, die Wunder des Lebens, die Wunder des Planetenballs – so viel durfte der kleine Engel sehen und erfahren. Gabriel beschließt, dieses Glück mit den Erdenbürgern zu teilen. Jedem Neugeborenen flüstert er ins Ohr: „Ich habe die Wunder gesehen! Die Wunder aus Sand und Licht, Berge, Wasser, Tiere und Pflanzen, Feuer und Eis! Bewahre sie dir, diese Wunder. Liebe sie, achte sie, erhalte sie.“ Vorsichtig legt er dabei den Engels-Zeigefinger unter die Nase. Hinterlässt dabei einen Abdruck über der Lippe. Dieser wird ihn immer daran erinnern, dass Geheimnisse nicht verraten werden dürfen. Und so haben Planetenbewohner eine Engelsfurche zwischen Nase und Oberlippe und Gabriel wurde der Schutzengel der Kinder. Die wenigsten wissen um das Geheimnis, das sie vor langer Zeit erfahren durften. Haben es vergessen.
Ein paar ganz besondere Menschen erinnern sich daran und leben das Wunder der Erde!
Das ist Poesie pur und sowas von eindringlich gefüht und geschrieben. Mein „Gabriel“ ist aber ein Albatros, der kann nicht so hoch fliegen, landen geht meistens mit einem Überschlag auf den Rücken, aber fliegen können die … fliegen wie nichts zuvor… Und der gute „Onkel“ vom Albatros Gabriel ist genauso fasziniert von den Urgewalten wie Vulkane, Wellen Wasser und Wind sowie einer unendliche Weiter am Horizont, die setzt keine Limiten im Denken und Fühlen…
Du hast ihn also entdeckt, meinen Lieblingsblog