Wie wird ein Bub ein Mann?

Keine Sorge, das wird jetzt keine feministische Attacke auf die Männlichkeit. Ich werde nicht in Frage stellen, ob wir Frauen die Männer „brauchen“.

Als Mutter zweier Söhne, gefühlt kurz vor der Pubertät, interessiert mich einfach, welchen Weg müssen kleine Jungs gehen, um „echte Männer“ zu werden. Erziehung und Bildung liegen quasi nur in Frauenhand. Nicht wenige Väter arbeiten so viel, dass außer einem „Gute Nacht“ nicht mehr viel übrig bleibt. An wem sollen sich da kleine Jungs noch orientieren und können Frauen diese Lücke überhaupt füllen? Wir wissen als Frauen ja nur, was ein Kerl haben sollte und was nicht und selbst da sind wir uns nicht immer sicher … Aber machen wir es uns damit nicht zu leicht? Schaffen wir mit unserer Bildungs- und Erziehungsarbeit vielleicht sogar den Grundstein für verweiblichte Männer? Oder gibt es gar kein klassisches Rollenverhalten mehr und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sich geschlechtstypische Merkmale noch mehr miteinander vermischen? Und die Frage an diesem Punkt ist vor allem: Wollen wir das überhaupt?

Sicher ist: Man erntet, was man sät.

Schon kleine Baby spiegeln nach der Geburt ihr Gegenüber. Können mit wenigen Wochen die Zunge herausstrecken, wenn Mama das zeigt oder staunend weit Mund und Augen öffnen. Nach einigen Jahren aktiver Erziehungsarbeit (am Kind, nicht am Mann) stoße ich immer wieder auf Situationen, in denen mir zwei unendlich knuffige Lütten den Spiegel vorhalten und unbewusst, manchmal auch bewusst, haargenau so reagieren, wie ich es vorlebte.

Mal ein Beispiel, natürlich rein fiktiv, ich plaudre ja nicht aus dem Nähkästchen: Wenn Zwerglein Mist baut, schmollt Mama und ignoriert ihn zur Strafe. Was lernt der Bub? Wenn mir was gegen den Strich geht, maßregle ich in Form von Rückzug und Ignoranz. Die Krönung des Ganzen könnte dann sein, dass Büblein die Frau Mama ebenfalls für ihr „Fehlverhalten“ mit Missachtung straft, weil diese gerade mal nicht so tickt, wie er es sich erhoffte und auch noch bei Vorwurf dessen tönt: „Du schmollst doch selber, wenn dir was nicht passt“.

Das kleine Bürschlein (und sicher auch die Lütten) erlebt tagaus tagein die Aktion und Reaktion seiner Eltern und lernt – wie werde ich einmal agieren und reagieren? Auch hier gibt es zwei Lebenswege: Ich lebe so, wie es mir meine Eltern vorgelebt haben oder ich lebe so, wie ich immer leben wollte und es nie erlebte. Den Weg zu finden, der einerseits die positive Vorbildwirkung der Kindheit in die Zukunft transportiert und andererseits erkannte Defizite nicht in einen Kreislauf der nachfolgenden Generationen befördert. Das erscheint mir die verlockendste Herausforderung im Heranreifen. Das Leben stupst uns so lange auf die wunden Punkte, bis wir kapiert haben, dass wir diese nicht ignorieren können.

Doch zurück zu den kleinen Jungs, die mal Männer werden wollen und sollen: Unbestritten ist, dass wir spiegeln und das Verhalten von Menschen, die wir und schätzen, annehmen oder uns in ihnen erkennen. Wenn kleine Jungs diesen Spiegel immer nur in der Hand von Frauen sehen – wie sollen sie dann männliches „Rollen“verhalten erwerben? Das funktioniert wohl kaum, unsere Nachkommen brauchen männliche Begleiter, Vorbilder und natürlich auch Antihelden. Es braucht Männer, die sich noch trauen, ganz Mann zu sein und die in der Lage sind, das der nächsten Generation zu vermitteln. Wo bleiben die Lehrer, Trainer, Kindergärtner und vor auch die Väter, die in sich ruhen, sich ihrer Männlichkeit bewusst sind, ohne dabei testosteronüberfrachtetes Machoverhalten und pures Autoritätsgehabe vorleben?

Ja, es gibt sie, ich weiß es. Ich bin dankbar, dass meine Burschen von solchen Männern begleitet werden und hoffe, dass sich so die Summe der von mir „zu“ weiblich- gespiegelten Eigenschaften mal in Grenzen halten wird. Zumindest erkenne ich beruhigt immer wieder Reaktionen, die ganz gewiss nicht mein Spiegelbild sind.

Ob so aus dem Bub ein glücklicher Mann wird, bleibt abzuwarten. Natürlich ist das hier nur ein Puzzleteil zur Mannwerdung, so viele Facetten gehören noch in das Leben, die Entwicklung, die Herz- und Hirnbildung.

Sonne im Herzen, allen großen und kleinen Männern dieser aufregenden Welt!

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